Nr. 3/2012
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Seite 44
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Verein der Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V.
Rudolf Mirsch
Die 1674 im Druck vorliegende Bergordnung
fixierte auch Bestimmungen zum Knapp-
schaftswesen in der Grafschaft Mansfeld.
Im Artikel 33 wurde festgelegt, dass jeder
Schichtmeister von Bergleuten und Schmel-
zern wöchentlich die Büchsenpfennige ein-
zusammeln und für die Aufbewahrung in
einem festen Kasten zu sorgen hatte. Dieses
Geld war vorrangig für „denen armen schad-
hafften und alten Berg- und Hüttenleuten,
auch deren Wittwen und Kindern“ bestimmt.
Ferner, dass Arbeiter, die bei der Arbeit Scha-
den erleiden, u. a. bis zu acht Wochen Lohn
neben dem Arztgeld erhalten sollen. Diese
Bergordnung verlor erst 1865 mit Inkrafttre-
ten des Preußischen Allgemeinen Bergge-
setzes ihre Gültigkeit. Mit der 1810 erfolgten
Übernahme des staatlichen Rothenburger
Kupferschieferbergbaus durch die Mansfel-
der Gewerkschaften begann für das Mansfel-
der Berg- und Hüttenwesen ein beachtlicher
Konzentrationsprozess, der mit der 1812
erfolgten Übernahme auch des Mohrunger
und Leinunger Kupferschieferbergbaues
weitergeführt wurde. Der Sangerhäuser
Bergbau wurde von den Mansfeldischen Ge-
werkschaften erst 1832 vollständig erworben.
Nach der Errichtung des Königlich Preußi-
schen Bergamtes in Eisleben 1815 bestan-
den vorerst noch zwei Knappschaften, die
Eisleber Knappschaft und die Wiederstedter
Knappschaft, und auch zwei Büchsenkassen,
die Eisleber-Wiederstedter und die Rothen-
burger Büchsenkasse. Ein erster wichtiger
Schritt zur inzwischen notwendig geworde-
nen Vereinigung der beiden Knappschaften
war die gemeinsame Kassenführung. Konn-
ten doch nach schwierigen Jahren infolge
der Zeitereignisse bereits 1816 wieder 1579
Berg- und Hüttenleute beschäftigt werden,
die mit der Produktion von 311 t Kupfer und
1,6 t Silber einen Ertrag von 280.000 Talern
ermöglichten.
Die Eisleber-Wiederstedter
Büchsenkasse
Spätestens 1819 wurden u. a. neben den
Bergleuten in den belegten Revieren auch die
Belegschaften der Ober- und Mittelhütte, der
Mansfelder Hütten, der Gottesbelohnungs-
und Seigerhütte, des Mohrunger Berg- und
Hüttenwerkes und die Arbeiter der Stollen-
vortriebe in gemeinsamer Abrechnung der
Büchsengelder erfasst. Die „in die Büchse
fließenden Gelder“ waren vielgestaltig. Zum
größten Teil bestanden sie aus den sogenann-
ten Büchsenpfennigen der Steiger und der
Berg- und Hüttenleute und den Büchsen-
schichtgeldern. Die zu zahlenden Beträge
waren unterschiedlich. Sie lagen zwischen
6 Pfennig und einem Groschen je Taler des
erzielten Lohnes. [Bis 1821 entsprach im
preußischem Staatsgebiet ein Reichstaler
24 Groschen und ein Groschen 12 Pfennig].
Zusätzlich war quartalsweise vom gleichen
Personenkreis das Büchsenschichtgeld in
Höhe eines Schichtlohnes zu entrichten. Für
jeden Groschen einer Lohnerhöhung waren
beim folgenden Lohntag einmalig zusätz-
lich 4 Pfennig in die Büchse zu zahlen. Für
den bei Hauerprüfungen ausgehändigten
Verpflichtungsscheinen waren ebenfalls Ge-
bühren an die Büchsenkasse zu entrichten.
Ungewöhnlich erscheint heute, dass jeder
Berg- und Hüttenarbeiter vor dem kirchli-
Von den Büchsenkassen zur einheitlichen
Knappschaftskasse im Mansfelder Land
chen Aufgebot nach der preußischen Minis-
terialverordnung vom 15. April 1817 einen
sogenannten „bergamtlichen Trauschein“
vorzeigen musste. Die Pastoren waren ge-
setzlich verpflichtet, die Ehe eines Berg- oder
Hüttenmannes nur dann zu schließen, wenn
eine solche Berechtigung vorgelegt werden
konnte. Grund dafür war, dass die Bergämter
verlangten, dass der Verdienst der Berg- und
Hüttenleute eine Höhe erreicht haben musste,
der ausreichte, eine Familie sicher ernähren
zu können. In die Bergbüchse hatten für den
„Trauschein“ bis zu 24-jährige Heiratswillige
16 Groschen, ältere lediglich 6 Groschen an
die Büchsenkasse zu zahlen. Das Heiratsalter
wurde auch im Interesse der Arbeitgeber da-
durch hinausgeschoben. Es lag 1819 von den
28 eingereichten Anträgen bei 26 Bergarbei-
tern über 25 Jahre. Unbezahlter Urlaub wurde
zu den offiziellen Feiertagen, und wenn es die
wirtschaftliche Lage erlaubte, auch anlässlich
von Knappschaftsfesten, gewährt. Unbezahl-
ter Urlaub aus persönlichen Gründen war
beim Bergamt zu beantragen. Die Geneh-
migung erfolgte mit einem Urlaubsschein,
in dem festgelegt war, dass der Antragsteller
sich nach Ablauf der Frist mit Vorlage des
Scheins sofort wieder zu melden hatte, wenn
er seine Bergarbeit mit den entsprechenden
Vergünstigungen nicht verlieren wollte. Über
den Verbleib im Urlaubszeitraum war zusätz-
lich ein Attest vorzulegen. Gleichzeitig war
bei der Wiedereinstellung für jede Woche
seiner Urlaubszeit ein Groschen für die Büch-
senkasse zu entrichten, um im Bedarfsfall
später nicht von jeglicher Unterstützung aus-
geschlossen zu werden. Die Urlaubsgründe
konnten vielfältig sein. So wurden vier Berg-
leuten drei Monate Urlaub zugebilligt, um in
Alexisbad als Musiker tätig zu werden. Viel-
fach wurden bis etwa vier Wochen Urlaub für
anstehende Erntearbeiten gewährt. Einem
Schmied wurde zur Ausübung seines Beru-
fes außerhalb des Bergbaus im März 1816
für unbestimmte Zeit Urlaub unter gleichen
Bedingungen gewährt. Die Urlaubsscheine
waren stets mit Siegel und Unterschriften von
Bergamtsmitgliedern versehen und wurden
bei der Wiedereinstellung eingezogen und
dem Verantwortlichen für die Büchsenkasse
übergeben, der für den zu zahlenden Betrag
aus der anderweitigen Beschäftigung zu sor-
gen hatte.
Die Faktorei der Kupferkammer konnten aus
Materialverkäufen satzungsgemäß der Büch-
senkasse im Jahre 1819 rund 47 Taler zufüh-
ren. Zuführungen, die aus anderen Quellen
mit
einbezogen
wurden, waren in
ihrer Höhe noch un-
bedeutender. Dazu
gehörten Strafgelder,
die bei der Lohnung
einbehalten wurden,
geringe Geldbeträge
für die Anfertigung
von
Druckerzeug-
nissen der Verwal-
tungen in Hütten und
Schächten und auch
2 Groschen für jedes
gelieferte Bergseil.
Im Jahre 1819 wur-
den zum Beispiel 17
Bergseile geliefert.
Dafür wurden nach-
weislich ein Taler 10
Groschen abgerech-
net. Auf besondere
Weisung hatten alle
Offizianten (Beam-
te) vom ab 1815 be-
zogenen Gehalt und
von Gehaltszulagen
drei Prozent an die
Büchsenkasse abzu-
führen.
Insgesamt
konnte für 1819 eine
Einnahme von rund
3240 Taler erzielt
werden.
Die Ausgaben er-
reichten jedoch 4925
Taler. Wichtigste Po-
sition der Ausgaben
waren die wöchentli-
chen Unterstützungen für Invaliden, Witwen
und Kinder in Höhe von rund 4580 Taler. Für
die Position Krankengelder und Begräbnis-
beiträge wurden 189 Taler 9 Groschen aus-
gezahlt. Für besondere Fälle standen auch
die Überschüsse des Bergkatharinenstifts
zur Verfügung. Daraus wurden im gleichen
Zeitraum 13 Taler 16 Groschen für hilfsbe-
dürftige Bergmannskinder gezahlt. Der im
Verlaufe des Jahres gewährte gewerkschaftli-
che Zuschuss betrug nach den quartalsweise
bereitgestellten Teilbeträgen insgesamt 1400
Taler. Die Ausgaben konnten von den Ein-
nahmen im betrachteten Rechnungsjahr auch
mit den gewerkschaftlichen Zuschüssen nicht
restlos abgedeckt werden.
Die Mansfelder Knappschaftskasse
Im Bergamtsbezirk bestanden nach 1820
zwei Knappschaften. Die der Eisleber-Mans-
feldischen Reviere und Braunkohlengruben
(Eisleber Knappschaft) und der Gerbstedt-
Hettstedter Reviere mit den Braunkohlen-
gruben und der Kupferkammer-, Friedebur-
ger- und Seigerhütte, des Amalgamierwerkes
und der Maschinenwerkstatt (Wiederstedter
Knappschaft). Beide wurden nach dem Reg-
lement vom 23. Juni 1840 zur Mansfeldschen
Knappschaft und ihr gesamtes Vermögen
mit dem der Mansfeldschen Büchsenkasse
zur Mansfeldschen Knappschaftskasse ver-
einigt. Für das Revier Sangerhausen und die
dortige Kupferhütte bestand ein besonderes
Knappschaftsreglement. Ab 1838 wurde die-
se Knappschaft vom Bergamt Eisleben be-
reits mit verwaltet.
Das Vermögen der beiden vereinigten Büch-
sen- und Knappschaftskassen und auch das
Vermögen des Berg-Katharinenstifts war
weiterhin zu erhalten. Die Verwendung der
Überschüsse oblag dem Bergamt. Die daraus
zu erwarteten Leistungen waren im neuen
Reglement in vielen Einzelheiten exakt dif-
ferenziert worden. Reichten Einnahmen und
gewerkschaftliche Zuschüsse nicht aus, die
im Reglement formulierten Leistungen zu
verbürgen, waren Kürzungen ohne Ausnah-
men im gleichen Verhältnis zu treffen.
Die Aufnahme neuer Knappschaftsmitglie-
der war nicht vor dem 21. Lebensjahr mög-
lich. Weiter war erforderlich, dass – diffe-
renziert nach Berufsgruppen - diese einen
Schichtlohn von mindestens sechs Silbergro-
schen erreicht hatten. Bergschüler konnten,
wenn sie nicht schon vor Aufnahme in die
Bergschule Knappschaftsmitglied waren,
erst aufgenommen werden, wenn sie die
Bergschule abgeschlossen hatten. Jedem neu-
en Knappschaftsmitglied war ein bergamt-
licher Knappschaftsschein auszuhändigen.
Das „Reglement der Mannsfeldschen Knapp-
schaftskasse“ bestand bis zum Erlass des
Preußischen Knappschaftsgesetzes im Jahre
1854. Nun wurden auf allen Ebenen neue Re-
gelungen wirksam. Es entstand bei regelmä-
ßiger und satzungsgemäßer Beitragszahlung
ein gesetzlicher Anspruch auf Leistungen,
die teilweise auch heute noch in ähnlicher
Form gewährt werden.
Urlaubschein des Bergamtes Eisleben vom 24. Aug. 1819 für
Ernst Kutter aus Helfta.
Die Rosenstadt Sangerhausen GmbH und
der Verein Mansfelder Berg- und Hüt-
tenleute e.V. laden am 07.10. von 10 bis
16 Uhr zur Haldenbesteigung am Fort-
schrittschacht bei Volkstedt ein. Die Be-
sucher erwartet vom Gipfel der mit 153 m
höchsten Halde des Mansfelder Bergbaues
ein herrlicher Blick auf die Lutherstadt
Eisleben, sowie das Umland. An verschie-
denen Stationen geben Vereinsmitglieder
Informationen zur Betriebsgeschichte und
zum Mansfelder Bergbau allgemein. Auf
einem Rundweg auf der Flachhalde können
die Besucher die Halde als Lebensraum für
verschiedene Pflanzen- und Tierarte erle-
ben. Das Werksmuseum der Firma project
Schul- und Objekteinrichtungen GmbH
und ein Rundweg durch das Betriebsgelän-
de mit verschiedenen Informationstafeln
sind weitere sehenswerte Stationen. Für
musikalische Unterhaltung und das leibli-
che Wohl ist gesorgt. Die Anfahrt ist über
die L 151 möglich (Gerbstedter Chaussee
13, Eisleben), die Abfahrt zum Betriebs-
gelände ist ausgeschildert. Parkplätze sind
vor Ort vorhanden.
Haldenbesteigung Fortschrittschacht – 7.10.2012